Die Stimmung war großartig, die Organisation reibungslos, die Fans glücklich: Hamburg hat eine tolle Basketball-Party gefeiert – auch wenn sie etwas größer hätte ausfallen können.
Schon vor dem ersten Spiel der deutschen Damen am Donnerstagabend ist die Inselparkarena in Hamburg beinahe voll besetzt. Auch Familie Hübner aus Bamberg ist schon da, mit Flaggen im Gesicht und den passenden Shirts. Sie sind eingefleischte Basketball-Fans. Kein Wunder, Bamberg ist schließlich eine Basketball-Hochburg. Die Kinder spielen im Verein, Spiele der Nationalmannschaften haben sie auch schon etliche gesehen. „Die Basketball-EM der Damen wollten wir uns nicht entgehen lassen und haben daraus gleich einen Familienausflug gemacht“, erzählen sie. Von Orga und Atmosphäre sind sie begeistert, dem Team trauen sie Großes zu – trotz der namhaften Ausfälle. „Die reißen sich zusammen und werden Gruppenerster.“
Damit hat es zwar nicht geklappt, dafür aber mit dem zweiten Platz und dem Einzug in die Hauptrunde. Als die deutschen Basketballerinnen beim abschließenden Spiel in Hamburg das Team aus Großbritannien fest in der Hand hat, erreicht die Stimmung in der Inselparkarena ihren Höhepunkt. Maskottchen Fiona tanzt auf den Rängen und auch sonst hält es kaum einen Fan auf dem Sitzplatz. Die Familien der Spielerinnen sowieso nicht. So jubeln auf der Tribüne beispielsweise auch zahlreiche, extra aus Ohio/Columbia angereiste Alexis-Peterson-Fans, die bei jedem Spiel andere Fanshirts tragen. Ein Aufwind im deutschen Frauenbasketball ist hier mehr als jemals zuvor spürbar.
Gute Stimmung in ausverkaufter Halle
Spaziert man vor und nach den Spielen durch Hamburg, ist von der Women’s EuroBasket allerdings wenig zu spüren. Keine Plakate weisen auf das Turnier hin, nicht einmal in der Umgebung der Inselparkarena. „Dadurch, dass wir sehr fokussiert auf die Spiele sind, nehmen wir das in der Stadt nicht so wahr“, sagt zwar Flügelspielerin Emily Bessoir. Dennoch findet sie: „Dadurch, dass die Halle innerhalb von zwei Wochen ausverkauft war, hätte man vielleicht doch probieren können, eine größere Halle zu bekommen.“ Mit 3.414 Zuschauern war die Inselparkarena ausverkauft. Die Alternative in Hamburg wäre wohl nur die Barclays Arena gewesen, die für 13.000 Zuschauer ausgelegt ist. Selbst wenn also die doppelte Menge an Zuschauern zu den Spielen gekommen wäre, wäre man dort von einer ausverkauften Halle weit entfernt gewesen.
Dass die kleinere Inselparkarena komplett voll war, tat der Stimmung gut, die Halle brodelte. Topscorerin Luisa Geiselsöder fand genau das positiv: „Wir haben die Zuschauer auf dem Court gespürt. Es ist cool, weil alles so eng ist und wir noch näher an den Fans sind.“ Dass immerhin mehr als 3.000 Menschen zu jedem Spiel in die Halle kamen, sieht sie als gutes Zeichen. „Das zeigt, was wir gerade für eine Bewegung in Deutschland haben.“ Und der Wunsch einiger Spielerinnen nach einer größeren Halle wird schließlich bei der Heim-WM 2026 in Berlin nachgekommen. Für die Weltmeisterschaft soll in der Max-Schmeling-Halle (8.500 Plätze) und der Uber Arena (14.500 Plätze) gespielt werden.
Eine besondere Form der Wertschätzung erhalten die Basketballerinnen am ersten Spieltag, als Dirk Nowitzki in die Halle kommt. Und das, obwohl er an diesem Tag seinen 47. Geburtstag feiert. „Ich finde es total schön, dass er hier ist und uns supported“, sagt Leonie Fiebich und auch Geiselsöder findet: „Das ist etwas sehr Besonderes. Es zeigt, wie sehr er den deutschen Frauenbasketball pushen möchte.“ Er ist zwar der namhafteste Promi in diesen Tagen, aber nicht der einzige: Auch ehemaligen Basketballerinnen wie Marie Reichert, Svenja Brunckhorst und Sonja Greinacher läuft man in der Hamburger Arena öfter über den Weg und unter anderen ist Rollstuhlbasketball-Nationalspieler Alexander Budde zu Gast.
Positive Effekte auf die Liga erhofft
Auch einige Vertreter der DBBL sind in Hamburg vor Ort, darunter Geschäftsführer Anton Hefele. „Die Stimmung in der Inselpark Arena war toll, die Organisation hat super geklappt“, bestätigt er den Eindruck. Zwei Spiele fiebert er mit den deutschen Basketballerinnen mit, ehe er sich wieder um die Angelegenheiten der Liga kümmern muss. Und dort gibt es derzeit einiges zu tun, schließlich will Hefele seit seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr große Schritte in Richtung Professionalisierung machen. Dabei setzt er auch auf die EM: „Ich erhoffe mir von der Europameisterschaft schon auch positive Effekte auf die Liga, zum Beispiel mehr Zuschauer in den Hallen und mehr Mädchen, die im Verein Basketball spielen. Ob man aber wirklich auch außerhalb der Basketball-Bubble mehr Leute erreicht hat, wird sich erst noch zeigen.“
Zumindest draußen vor der Arena bleiben an den drei Tagen auch einige stehen, die gar nicht wegen der Women’s EuroBasket dort unterwegs sind. Die Sponsoren der Nationalmannschaft laden mit einigen Aktionen zum Mitmachen ein, allen voran die ING Deutschland als offizieller Partner der Vorrundenspiele in Hamburg. Ob beim Korbwerfen oder beim Strampeln auf dem Fahrrad: Der Stand zieht neben den Fans auch viele weitere Hamburger an und auch einige der rund 200 Volunteers verbringen dort ihre Pausen.
Spielerinnen lassen Fans nah an sich heran
Wer wirklich wegen der deutschen Nationalmannschaft in Hamburg ist, steht auf der anderen Seite der Arena. Nach dem Training vor dem Spanienspiel warten dort mal wieder ein paar Fans, um ihre Stars abzupassen. Mit kleinen Basketbällen, Shirts und Stiften bewaffnet gehen sie zögernd auf die Spielerinnen zu, die gerade in den Mannschaftsbus steigen wollen. Die Scheu ist schnell vorbei, als allen voran die verletzte Marie Gülich die jungen Fans herzlich begrüßt und auch Leonie Fiebich mit einem High Five die letzte Distanz bricht. Unterschriften werden gegeben, Fotos gemacht und ein paar nette Worte ausgetauscht. Der Eindruck, der nach den Tagen in Hamburg bleibt: Die deutschen Basketballerinnen sind absolut nahbar und auf dem Boden geblieben. Auch wenn sie mittlerweile zu den besten Teams Europas gehören.
Erschienen in BIG #153
